Dokumentation zu den vier Netzwerktreffen, die im Sommer 2022 in den lake studios Berlin, der somatischen Akademie Berlin, online und in den eden studios Berlin stattgefunden haben.
Eingeladene Künstlerinnen spartenübergreifendes Treffen:
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- Katharina Bendixen – other writers need to concentrate
- Franziska Burkhardt
- Annika Mendrala – Bühnenmütter
- Theresa Monfared – Kunst und Kind Berlin
- Rani Le Prince
- Liz Rech
- Sibylla Vričić – other writers need to concentrate
Eingeladene Künstlerinnen internationales Treffen:
- Susie Burpee (Canada)
- Kimberley de Jong (Canada)
- Julie Lebel (Canada)
- Ana Maria Hedman (Sweden)
- Renata Piotrowska-Affret (Polen)
- Macarena Campbell (Chile)
- Krõõt Juurak (Austria)
- Aranyani Bhargav (India)
- Faye Lim (Singapore)
- Lucy McCrudden (England)
Eingeladene Künstlerinnen bundesweites Treffen:
- Juliane Bauer – Tanznetz Dresden
- Katja Erfurth – Villa Wigman
- Anna von Haebeler – Working Moms
- Patscharaporn Krüger-Distakul – re-dance
- Judith Nagel – exisdance
Eingeladene Künstlerinnen online beteiligt (Interviews):
- Daniela Lehmann – Tanznetz Dresden
- Nora Elberfeld – explore dance, Tanzpakt Stadt Land Bund
- Mirjam Rauch
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Beteiligte Künstlerinnen der Ag Tanz und Elternschaft:
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- Jenny Haack
- Anja Kolmanics
- Raisa Kröger
- Heike Kuhlmann
- Jasna Layes Vinovrski
- Saskia Oidtmann
- Steffi Sembdner-Erfurt
- Maria Walser
Das LAB ist das erste von vier Vernetzungstreffen. Die AG Tanz und Elternschaft lädt über die Treffen zum Austausch ein zu zwei zentralen Fragen:
- Welche (künstlerischen) Perspektiven entwickeln Künstler*innen in Elternschaft während der Pandemie?
- Wie können zentrale Strukturen (Förderung, Spiel-, Ausbildungs-, Residenzorte) für sie zugänglicher gemacht und Netzwerke aufgebaut werden?
Neben den Sparten Oper und Performance sind die Schriftstellerinnen Sybilla Vričić und Katharina Bendixen von der Initiative „other writers need to concentrate“ mit dabei. Die bildende Künstlerin Rani Le Prince macht nach dem Kennenlernen den Anfang mit einem Impulsvortrag zu ihren Zeichnungen und Skizzen, in denen Choreografien der indischen Tänzerin Padmini Chettur (zeitgenössische Versionen des Bharatanatyam Tanzes) zu Papier fanden. „Die Kinder immer mit dabei im Proberaum“, wie Rani Le Prince erzählt. Teresa Monfared stellt die Initiative „Kunst und Kind“ vor sowie den Trailer zu ihrem Projekt „Göttlichkeit trifft Punk“ – eine Performance mit hoch schwangeren Tänzerinnen. Die aus Erfurt angereiste Franziska Burkhard beleuchtet Mutterschaft aus der Perspektive der „Reue“ und erzählt davon, wie ihre persönlichen Erfahrungen der Transformation zur Mutter ihre PHD Thesis inspiriert haben.
Annika Mendrala, die die Initiative „Bühnenmütter“ mitgegründet hat, erzählt von Künstlerinnen, die in einer qualitativen Umfrage berichten von Diskriminierung, nicht verlängerten Honorarverträgen und übergriffigen Kommentaren zur ästhetischen Problematik von Alter und sich verändernden Bäuchen nach einer Schwangerschaft. Nach Einschätzung von Katharina Bendixen und Sybilla Vričić ist es in der Literatur nicht sehr anders, wenn auch vielleicht nicht ganz so direkt ausgesprochen: ein Kind ist der künstlerischen Karriere ein Hindernis. Mit zwei Kindern eine Künstlerkarriere kaum mehr möglich. Zumindest für Frauen – Mütter.
Liz Rech schließt die Runde mit Einblicken in ihre performativen und aktivistischen Arbeiten zum Thema Elternschaft ab, darunter das Rechercheprojekt „der Himmel über mir“ in der sie ihre künstlerische Praxis während der Pandemie dokumentiert und künstlerisch aufarbeitet.
Man bekommt einen schönen Eindruck davon, wie vielseitig inspirierend Eltern-, am heutigen Treffen insbesondere Mutterschaft, für die eigene künstlerische Praxis sein kann, und wie schwierig es unter aktuellen Bedingungen ist, beides zu vereinbaren.
Wir diskutieren später darüber, warum der Begriff „Mutter“ insbesondere im Kunstbereich einen Beigeschmack hat und sammeln künstlerische Praktiken, die Künstler*innen in Elternschaft während der bereits 2 Jahre andauernden Pandemie entwickelt haben. Wir analysieren, was sich bewährt hat, zeigen Grenzen und Barrieren auf. Fragen, welche künstlerischenlerischen Praktiken sich für eine postpandemische Zukunft anbieten und wie die Pandemie den Kontakt zum Publikum beeinflusst hat, welche Modelle gefunden wurden, um den Dialog mit dem Publikum aufrecht zu erhalten?
Der Wunsch ist groß, das Thema Elternschaft im Kunstbereich als gesamtgesellschaftliche Frage zu verstehen. Konkrete Anliegen, Vorschläge und Ideen, auch an die (Kultur)Politik sollen aus den Ergebnissen ausformuliert werden. Wir sind uns einig, dass die strukturellen Probleme zu Barrieren führen, insbesondere für kunstschaffende Mütter, da diese überproportional mit der Vereinbarung von Beruf und Elternschaft konfrontiert sind. Gleichzeitig eröffnen die Rollenkonflikte rund um Elternschaft und Mutterschaft ein interessantes Spannungsfeld für die Kunstproduktion.
Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte der amerikanische Philosoph John Rawls eine Theorie der Gerechtigkeit, in welcher er sich mit Grundprinzipien auseinandergesetzt hat, auf welchen ein gerechter Staat aufgebaut sein sollte. Innerhalb seiner Theorien findet sich ein Gedankenexperiment zu einer Form von Urzustand der Staatsgründung. Gerechte Prinzipien werden in diesem über einen „Schleier des Nichtwissens“ gefunden. Das bedeutet, dass diejenigen, die über die Prinzipien des zu schaffenden Staates entscheiden, nicht wissen, welche Rolle sie innerhalb desselbigen haben werden. Man weiß also weder welche finanziellen Mittel, welches Geschlecht, welche Hautfarbe usw. man hat. Man wüsste demnach auch nicht, ob man Mutter ist (oder im weiteren Sinne mit Care-Arbeit zu tun hat). Grundsätzlich eröffnen sich über dieses Gedankenexperiment ganz wunderbare Überlegungen und Fragen. Bei genauerem Hinsehen allerdings stellt sich die Frage, ob man den „Schleier des Nichtwissens“ nicht mit Wissen zu den einzelnen Rollen und Figuren und den mit ihnen einhergehenden Lebensrealitäten unterfüttern sollte. Ja, es erscheint geradezu notwendig das zu tun, bevor man in das Experiment wirklich fundiert einsteigen kann. Insbesondere, wenn es sich um Rollen/ Figuren handelt, deren Lebensrealitäten bisher mit fundamental wenig Leidenschaft in den Blick genommen (und gehört) wurden.
Man wird als Mutter (in der Freien Darstellenden Kunst des globalen Westens) weder gesehen, noch gedacht oder gehört, geschweige denn geschätzt oder gar als Pool von Wissen angesehen. Hierdurch entsteht nicht nur Diskriminierung, sondern auch ein stillschweigendes Einvernehmen, das in diesen Menschen befindliche Wissen verloren gehen zu lassen. Doch kann es sich die Welt erlauben, Sicht- und Handlungsweisen des Miteinander zu ignorieren? Kann es sich die Kunst auf Dauer erlauben, weiterhin unausgesprochen aber mit großer Vehemenz den einzelnen Künstler fernab jeder Lebensrealität (oder insbesondere fernab einer Realität, die auch mit Dingen wie Windelwechseln einhergeht) hervorzuheben? Und können wir Menschen und Kunstschaffende des Westens weiterhin in unserer Haltung des Besser-(gestellt)seins verharren, wenn es um Leben und (Kunst)Schaffen geht? Vielleicht ist es nun endlich an der Zeit Mütter in den Blick zu nehmen und dem was hinter diesem Wort steht gerecht zu werden. Menschen, die über ihre Unterschiede hinweg viel verbindet und die hungrig sind, sich (endlich) hierüber auszutauschen und zu Sichtbarkeit zu gelangen.
Wissen fusst auf Hinwendung oder geht zumindest mit ihr einher. Ist hiermit oft die Hinwendung auf Belange des Kopfes gemeint, so geht es im Folgenden um jenes Wissen, das in, durch und mit dem Körper entsteht. Wissen in Form von Menschen, ihren Praktiken und Werken (den Begriff weit gedacht). Am Anfang des Laboratoriums stand das Vorhaben den internationalen Aspekt des Themas Elternschaft in den Künsten (und im Speziellen im Bereich Tanz) zu erforschen. Was ist da? Was gibt es? Was fehlt? Und damit: Wer ist da und wen gibt es und wer fehlt? Ziemlich rasch wurde klar, dass dieses Lab, ein Austausch über Ländergrenzen hinweg, in gewisser Weise funktionieren kann, wenn man sich von den großen Themen wie Gesellschaft, Machtstrukturen, politische Systeme, Feminismus nicht einschüchtern lässt. Wenn man Diversität in den Grenzen eines fünfstündigen Zoom-Meetings (mit Zeitunterschieden) in einer Begrenztheit ermöglicht ohne sich frustrieren zu lassen. Indem man mit Fragen beginnt und von vornherein im Kopf hat, dass man auch mit Fragen enden wird. Wenn man nicht aus den Augen verliert, dass es beim Hinwenden immer auch um Zuhören und Gehörtwerden geht. Wenn man einsteigt mit dem Willen zur Augenhöhe und diesen Willen als Kraft/ Antrieb sieht und nicht als etwas Forcierendes. Wenn man Raum für „Ich habe keine Ahnung.“ gibt.
Als Mutter ist man in Dingen der Offenheit und Zugewandtheit geschult. Das gilt übrigens länderübergreifend. Also los.
Innerhalb der Vorbereitungen zum Lab wurde recht schnell klar, dass die Auswahl der Teilnehmenden mit dem Aufbau eng verwoben ist. So sind diese zwei Elemente parallel entstanden und gewachsen. Durch persönliche Kontakte/ Begegnungen des eigenen Berufslebens, Anfragen an Freunde mit Bitte um Vorschläge, einem facebook-Aufruf und Recherchen zu Institutionen, die sich dem Thema Elternschaft widmen entstand eine Runde von 10 Gästen und 5 AG-Mitgliedern. Die Gäste kamen aus/ arbeiten in Indien, Kanada, Polen, Chile, England, Singapur, Schweden, Österreich. Bis auf eine Person handelte es sich um Menschen, die im Bereich des Tanzes tätig sind. Bei allen handelte es sich um Frauen und zwar um jene Frauen, die Kinder ausgetragen haben. Unter diesen Frauen und Müttern waren unter anderem solche, die künstlerisch zum Thema Mutterschaft gearbeitet haben und auch solche, die Institutionen oder wissenschaftliche Recherchen rund um das Mutterschaft gegründet/ angegangen haben. Die sich hierüber ergebende Diversität hinsichtlich Nationalität, kultureller und gesellschaftlicher Hintergründe und Arbeitsschwerpunkte folgte dem Wunsch/ Vorhaben, einen kleinen Einblick in das Thema auf internationaler Ebene zu bekommen und Begegnungen zu schaffen, die sich durch zahlreiche Barrieren normalerweise nicht so einfach ergeben. Den Frauen sollte Raum gegeben zu werden, durch Erlebnisse der anderen nicht nur ihr Wissen zu erweitern, sondern auch von anderen gehört und wahrgenommen zu werden.Im ersten Teil des Labs wurden alle Teilnehmenden gebeten, die anderen mit auf eine Reise durch ihren Tag zu nehmen. Es gab weiterhin keine Vorgaben, worauf im Tagesablauf der Fokus gelegt werden sollte. Nach diesem Zusammenkommen als gesamte Gruppe schloß sich ein Teil an, in welchem diejenigen gebeten wurden zu reden, die „Institutionen“ repräsentieren. Jene also, die in Strukturen, durch Angebote (wie Residenzen und Weiterbildungsprogramme) oder politische Arbeit (mittels Datenerhebungen) das Thema Mutterschaft/ Kunst und Kind verhandeln. In einem dritten Teil wurden künstlerische Praktiken in den Blick genommen (die sich aus und mit Schwangerschaft/ Mutterschaft und der Lebensrealität einer Mutter entwickelt haben). Der vierte und letzte Teil sollte eine Öffnung in die Zukunft darstellen. Es wurde eine Art Feedback-Session gemacht, in welcher lediglich Fragen gestellt werden durften. Unter den Fragen stellt „Can we create a tribe?“ wohl am ehesten dar, was dieses Lab gewesen sein könnte. Ein Anfangspunkt, ein erstes schüchternes Versuchen und Üben im Vernetzen und Miteinander sein. Was kommt jetzt? Workshops? Mentorings? Künstlerische Projekte? Ein Pool an Wissen und Unterstützung? Unterstützung, die dort beginnt, wo man das Wissen um die gegenseitige Existenz teilt? Raisa Kröger
Zu unserem ersten bundesweiten Austausch- und Vernetzungstreffen zum Thema Tanz/Kunst und Elternschaft am 9.07.2022 im Artist Lab Projekt “Mit Kind: Tanzkünstlerinnen zwischen Beruf und Abstellgleis” haben wir Gastkünstlerinnen aus der Tanzszene eingeladen, die selbst ähnliche Initiativen gegründet haben, in diesen mitwirken und Einzelkünstlerinnen, die thematisch v.a. während der Pandemie inhaltlich künstlerisch zu dem Thema aktiv gearbeitet oder recherchiert haben. Bei unserer Recherche nach solchen Initiativen im Netz sind wir nicht in allen Bundesländern fündig geworden.
Wir haben uns über Strategien ausgetauscht, die Künstlerinnen gefunden haben, um während der Pandemie bei geschlossenem Theaterbetrieb, geschlossenen Schulen und Kitas, dem Wegfall der Kinderbetreuung bei gleichzeitigem “Cut” des sonstigen Berufsalltags, als Tanzschaffende weiterzuarbeiten. Wir haben danach gefragt, welche Bedürfnisse und Wünsche sich daraus für eine postpandemische Zukunft ergeben: Wie sollen/können Tanzlandschaft-Strukturen, Förderungen, Theater, Spiel-, Ausbildungs- und Residenzortedie Bedingungen von tanzschaffenden Eltern miteinbeziehen? Was brauchen wir?
Während des Labs wurden auch Positivbeispiele von Choreograf*innen genannt, die beispielsweise Kita- und Schulzeiten in ihren Probenplänen berücksichtigen, die Rollen, Probenabläufe und Choreografien auf die körperlichen Bedürfnisse einer schwangeren Tänzerin adaptieren wie auch eine Honoraranpassung an gestiegene Lebenshaltungskosten und Arbeitsaufwand (Stichwort Babysitter, Altersvorsorge) vornehmen. Im Austausch kamen ausführliche Informationen zu den Möglichkeiten einer bezahlten Kinderbetreuung in Randzeiten, außerhalb der “üblichen” Kita-Öffnungszeiten, zusammen. Denn das Dilemma, zu arbeiten, wenn andere frei haben und mit der eigenen Arbeit nur noch die*den Babysitter*in bezahlen zu können, aber dann nichts mehr übrig zu haben, war allen als frustrierende Erfahrung bekannt. In der Erfahrung einer Lab-Teilnehmerin hatte es ein halbes Jahr an Behördenbürokratie gebraucht, um eine regelmäßige Kinderbetreuung bspw. für Vorstellungs-/Aufführungsabende im eigenen Haushalt zu engagieren und als zustehende Leistung abzurechnen. Zudem sind in den einzelnen Bundesländern die Vorgaben für die fachliche Qualifizierung einer Betreuungsperson unterschiedlich geregelt, bei dem vorherrschenden Personalmangel in dem Bereich eine weitere Hürde.
Das formatoffenere Arbeiten durch weniger ergebnis- und Aufführungs-orientierte und stärker prozessorientierte Förderungen wurde als positiv bewertet, auch hinsichtlich weniger Abhängigkeit von Spielorten/ Spielstättenbescheinigungen, mehr Selbstverantwortung in der Auswahl von Zeitabläufen, Räumen, Arbeitsprozessen. Mittels Tanz draussen zu arbeiten wurde sowohl positiv empfunden (“neue Räume und Gegebenheiten”) als auch als einschränkend (“Bewegungsmaterial beschränkt sich oftmals auf Gehen, Sitzen, Liegen, aufgrund bestehender Bodenbeschaffenheit bspw.).
Ein wichtiges Anliegen, welches immer wieder aufkam, ist das Mitdenken von Kindern an allen (Tanz)orten, inklusive Ausbildungs-, Theater-, Proben-,Residenzorten, der Wunsch, dass Kinder an diesen Orten mit teilhaben können und diese auch inspirieren können. Von einer Selbstverständlichkeit, dass Kinder unterschiedlichen Alters dort einen Platz, Raum und (Spiel-)angebote haben, sind wir weit entfernt. Viele haben von Erlebnissen berichtet, in denen Kinder nicht willkommen waren, nicht mitgedacht wurden, weder räumlich noch von den Abläufen her.
Die Möglichkeit, während der Pandemie solistisch zu arbeiten, wurde als gut hervorgehoben, nach einer ersten Phase, wurde aber klar, dass Tanz unbedingt ein gemeinsames Erleben von Bewegung im Raum und Körperkontakt braucht. Die Erfahrung, Tanz nicht gemeinsam teilen zu können, als Möglichkeit einer Verbindung zum eigenen Körper, zu Anderen und mit der Umgebung, wurde als großer Verlust empfunden.
Wie hat unsere Rolle als Tanzschaffende unsere Rolle als Fürsorgende beeinflusst und vice versa? Punkte die im Lab benannt wurden, waren z.B.: Die Rolle als Fürsorgende hat sich teilweise mit der eigenen künstlerischen Praxis verwoben z.B. durch das Einbeziehen der Kinderperspektive in die choreografische Praxis, oder auch das “Fürsorgen” für Kolleg*innen im Probenprozess, nicht zuletzt kam auch die starke Strukturiertheit zur Sprache, die sich mit Kindern und beruflicher Selbständigkeit einstellt. Es wurde benannt, wie sehr das Wahrnehmen, Zuhören, Verbinden und Vernetzen, welches wir aus der eigenen Tanzpraxis mitbringen, uns unterstützt hat, die während der Pandemie oft noch komplexeren familiären Situationen und Berufsbedingungen zu händeln.
Einige haben sich in geförderten Recherchen mit den Besonderheiten des Mutterseins als Tänzerin auseinandergesetzt, z.B. zu gesundheitlichen Aspekten nach Schwangerschaft und Geburt, zur gesellschaftlichen Wahrnehmung und Zuschreibung der “Mutterrolle” u.a.
Im Lab wurde die Notwendigkeit deutlich, wichtige Informationen zum Thema, u.a. auch hinsichtlich rechtlichen Ansprüchen, beispielsweise auf Kinderbetreuung in Randzeiten, zu sammeln und zu verbreiten und Informationen gebündelt auf Informationsseiten zu bringen. Der Wunsch für eine Beratungsstelle für tanzschaffende werdende Fürsorgende wurde geäußert. Viele weitere offene Punkte sollen in kommenden Austausch- und Vernetzungstreffen weiter aufgegriffen und bearbeitet werden und die öffentliche Sichtbarkeit für das Thema gemeinsam vorangebracht werden. Der Bedarf an Vernetzung und Information zum Thema ist riesengroß.
Im vierten Lab tauscht sich die Ag zu den Ergebnissen der vorangegangenen Treffen aus, resümiert und erarbeitet Forderungen an die Kulturpolitik zu den Fragen:
- Was brauchen Künstlereltern?
- Wie wollen wir in Zukunft arbeiten?
- Welche Forderungen stellen wir der Kulturpolitik?
Bundesweit:
- Mehr format- und ergebnisoffene Förderungen, weniger produktorientierte
- Kulturell verankerter Diskriminierung wegen Schwangerschaft oder Mutter/Elterneigenschaft im Kunst- und Kulturbetrieb entgegenwirken!
- Öffentliche Sichtbarkeit und Informationsangebote für das Thema Tanz/Kunst und Elternschaft online und offline verstärken, Vernetzung und Initiativen nachhaltig unterstützen/fördern, verstärkter Fokus auf Künstlerinnen, Zitat aus Lab: Warum finden sich überwiegend (fast ausschließlich) Mütter in den Initiativen? Weil Diskriminierung den Müttern passiert.
- Familienfreundliche Arbeits-/Probenzeiten: Kita- u. Schulzeiten in Probenplänen berücksichtigen, Rollen und Choreografien auf körperliche Bedürfnisse von Schwangeren und Müttern anpassen, geteilte Verantwortung in Projekten für familienfreundliche Bedingungen
- Kinder-/familienfreundliche Orte: Mitdenken und -planen von Kindern an allen (Tanz)orten, Institutionen, Ausbildungs-, Theater-, Proben-, Residenzorten
- Höhere Gagen/Honorare (Altersarmut vorbeugen, gestiegenen Lebenshaltungskosten gerecht werden), Überprüfung und Reform sozialer Sicherungssysteme v.a. für Solo-selbstständige Tanz/Kunstschaffende, wg vorwiegend unständiger Beschäftigungszeiten und “Erwerbslücken” durch Elterneigenschaft/Sorgearbeit
- Besserstellungsverbot bzgl. Kinderbetreuungskosten in künstlerischen Projekten ist eine finanzielle Hürde für Künstlerinnen-Mütter!
- Keine Diskriminierung in Förderanträgen im Kunst- und Kulturbereich bzgl. Elternschaft (bspw. Lücken in CV durch Unterbrechung wegen Schwangerschaft und Elternsein dürfen kein Nachteil sein!)
International:
- Initiativen und Vernetzung stark abhängig von (nicht) bestehenden Kulturförderstrukturen (bspw. Kanada ggü. Indien) > voneinander Lernen! unterschiedliche Strategien; wo staatliche Förderstrukturen kaum/nicht vorhanden sind, entstehen dafür sehr direkte Netzwerke zwischen Künstlerinnen, Frauen, direkte, dadurch passgenaue persönliche Unterstützung ein Plus, in Ländern wo Strukturen stark ausgebaut sind, gibt es mehr Initiativen und schon mehr Bestands- und Bedarfsanalysen, darüber breitere Sichtbarkeit und Informations-/Beratungsangebote
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der
Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.